Samstag, 3. September 2011

So sparen Bremens karitativen Vereine

Debatte um die Rolle von Caritas und ASB für die Stadt
Caritas-Pflege
Auf einer Pressekonferenz in Bremen hat Caritas-Chef Martin Böckmann gestern erklärt, dass der Ausbau der Altenpflege in Bremen wichtig sei, die Kosten allerdings die Möglichkeiten der Caritas übersteigen würden. Er drohte an, dass Caritas-Mitarbeiter in Zukunft auf Einkommen verzichten müssten. Um die bestehenden Tarifverträge zu umgehen, soll die Gesellschaft „Gepflegt zu Hause gGmbH“ gegründet werden- so könnte man die bundesweit geltenden Löhne der Caritas-Mitarbeiter senken, ohne gegen Gesetze zu verstoßen.
Ein Beispiel, das zeigt, wie bedroht die soziale Fürsorge in der Hansestadt ist. Viele Institutionen in Bremen würden ohne karitative Vereine kaum noch existieren. Ein Beispiel ist die Schulpolitik in Bremen. Schulsenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) und die Schulleitungen arbeiten in Sachen Sozialpädagogik unter anderem mit dem Arbeiter Samariter Bund (ASB) zusammen. Er stellt Sozialpädagogen ein und bezahlt sie auch. Die Bremer Schulen sorcen eine der wesentlichen Säulen des Bildungssystems damit aus. Leidtragende sind die Sozialpädagogen, die Lehrer und die Schüler.

Durch die Minimal-Zahlungen des ASB umgeht der Senat teure staatliche Löhne auf Grundlage von Tarifverträgen für Sozialpädagogen. Aber gerade die Sozialpädagogen nehmen bei der Bremer Schulreform eine zentrale Rolle ein. Das zweigliedrige Schulsystem ist nur möglich, wenn sich Pädagogen intensiv um die unterschiedlichen Bedürfnisse innerhalb einer Klasse kümmern. Zudem verlangt gerade die von Jürgens-Pieper gefeierte Inklusion, die gemeinsame Erziehung von behinderten und nicht behinderten Schülern, Mehrkosten in Sachen individueller Betreuung.
Doch während die Bildungssenatorin die Erfolge der Schulreform und der Inklusion feiert, kommt es auch im neuen Schuljahr zu Überlastung für Sozialpädagogen (die oft als Vertretungslehrer eingesetzt werden) und in der Inklusion (in einigen Fällen, in denen sie zu scheitern droht, fehlt es den Lehrern und Schulleitungen an Mut, die Engpässe gegenüber der Schulbehörde zu thematisieren).
Wie sehr darf sich eine Stadt in Sachen sozialer Kompetenz auf ausgegliederte, karitative Vereine verlassen? Wie viel muss ihnen Altenpflege, Krankenpflege oder Schulpädagogik Wert sein? Und wie positioniert sich Bremen zu den Sparmaßnahmen der Träger, denen möglich ist, was der Stadt nicht möglich wäre: Die Gründung einer Spar-GmbH, um Lohnkosten zu drücken? "Schauen Sie weg!", heißt es auf einer Werbung der Caritas — die Politiker Bremens scheinen diesem Slogan zu folgen. (ab)
Lesen Sie hierzu auch: "Steuern für Bremen? - Macht keinen Spaß!"

1 Kommentar:

  1. Das ist eine Frechheit - der Staat darf sich in seinen Grundaufgaben nicht auf karitative Vereine verlassen. Zumal diese dabei noch gehörig abkassieren. Die neue gGmbH der Caritas ist ein kapitalistischer Schaczug, der mit dem Hauptauftrag des Vereins - dem Schutz der Menschenwürde nur wenig zu tun hat.

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