Freitag, 30. September 2011

"Wir brauchen einen gerechteren Länderfinanzausgleich"

Leser-Kurier fragt nach. Folge II: Björn Tschöpe, SPD-Fraktionschef
Björn Tschöpe

Warum sollte Bremen selbständig bleiben?
Das föderale System der Bundesrepublik lebt von seiner Vielfalt. Gerade die Stadtstaaten haben immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie aufgrund ihrer „Kleinheit“ und Flexibilität eine ganz wichtige Funktion haben. So ist Bremen mit seinen Häfen als Tor zur Exportwelt von enormer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Bundesrepublik. In vielen, ganz unterschiedlichen Feldern ist Bremen Vorreiter oder Vorbild für andere Länder: Ob bei der Tariftreue im öffentlichen Vergaberecht, bei der Gleichstellung eheähnlicher Lebensgemeinschaften oder der Förderung kreativer Potentiale in Kultur und Wirtschaft. Im Übrigen: Eine aktuelle Studie hat jüngst gezeigt, Bremerinnen und Bremer gehören zu den glücklichsten Deutschen. Die Menschen leben gerne hier. Auch das ist ein starkes Argument dafür, dass Bremen selbstständig bleiben muss.


Wann wird Bremen ein aus sich selbst heraus lebensfähiges Bundesland sein?
Bremen ist schon jetzt aus sich selbst heraus lebensfähig. Das Land belegt im Ländervergleich beim Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner Platz zwei. Wenn die Verteilung der Steuereinnahmen der Wirtschaftskraft folgen würde, wäre Bremen kerngesund. Leider fallen aber Wirtschaftskraft und Steuerverteilung auseinander. Um die daraus resultierende strukturelle Haushaltsnotlage des Landes dauerhaft zu beseitigen, brauchen wir einen gerechteren Länderfinanzausgleich. Zugleich werden wir aber auch unsere eigenen Sanierungsbemühungen konsequent weiter fortsetzen, um die Neuverschuldung schrittweise auf Null abzusenken. Das sieht die Schuldenbremse so vor. Dabei muss jedoch allen klar sein: Die beschlossene Schuldenbremse ist auch eine Steuersenkungsbremse. Denn die Länder können die Haushalte nicht sanieren, wenn ihnen durch die Steuerpolitik des Bundes der Boden unter den Füßen weggezogen wird. 

Was ist der Markenkern Bremens? Was macht die Stadt unverwechselbar?
Ich finde den Begriff Markenkern für die Beschreibung eines Gemeinwesens eher unpassend. Es sind die Menschen die in und für Bremen leben und arbeiten, die diese Stadt unverwechselbar machen. Es ist auch der gesellschaftliche Spannungsbogen, den diese Menschen erzeugen; Urbanität und Stadtteilbezogenheit, Traditionsbewusstsein und Mut zum Experiment, Lebensqualität und soziale Schieflagen, Peffersäcke und Arbeiterschaft, Stadt der Wissenschaften und Pisa-Ergebnisse. Für den politischen Bereich gilt: Bremen ist die älteste Stadtrepublik nördlich der Alpen, durch die Kleinheit gibt es keinen Schutzraum für die Demokratiearbeiter, auf die eigenen Positionen wird man in der Elternversammlung und beim Bäcker angesprochen, man wird hinterfragt und wägt deshalb genauer ab und sucht den Konsens. 

Wenn Sie Bürgermeister von Bremen wären, dann...
Die Geschicke Bremens sind bei Jens Böhrnsen in sehr guten Händen. Ich versuche als Fraktionsvorsitzender der SPD meinen Teil dazu beizutragen, die richtigen Entscheidungen für das Land und im Sinne der hier lebenden Menschen zu treffen. Dieser Aufgabe stelle ich mich jeden Tag gerne und sie füllt mich nach wie vor aus. 

Welchen Unterschied macht es für Bremen, welche Partei regiert?
Bremen muss zusammengedacht werden. Wirtschaftswachstum, sozialer Zusammenhalt, Haushaltskonsolidierung und ökologischer Umbau stehen in unauflösbaren Zusammenhängen. Diese Ziele kann man nur miteinander, nicht gegeneinander realisieren. Wer dieses magische Viereck nicht versteht, wird das Bremer Gemeinwesen nachhaltig beschädigen. Ein entsprechendes Politikverständnis ist bei den derzeitigen Oppositionsparteien nicht feststellbar. CDU und LINKE haben darüberhinaus seit 2007 in Bremen unter Beweis gestellt, dass sie infolge ihrer internen Querelen schon handwerklich nicht in der Lage sind, eine konstruktive Oppositionsarbeit geschweige denn irgendeine Regierungsarbeit zu leisten.  

1 Kommentar:

  1. Wir hier in der Redaktion von FENIX&UPUPA, Nett-Wild-Zeitung, verstehen ebensowenig wie unsere KollegInnen von der INITIATIVE JUNO 13 (www.junobremen.de), was Sozialdemokraten noch unter "Sozialem Zusammenhalt" verstehen. Sie haben doch mit dazu beigetragen, dass Bremen im Bereich Kinder- und Jugendarmut Champions-Liga-Plätze einnimmt. Wann beginnen endlich bei den Sozialdemokraten die Entschröderungs- und Entmünteferingsprozesse, damit es in unserer Republik wieder zu Sozialer Gerechtigkeit kommt??

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